Die Stimmzettel sind ausgezählt, die Ergebnisse sind da: Mit einer hohen Stimmbeteiligung von über 50 Prozent und der Annahme des „Bundesbeschluss[es] über die medizinische Grundversorgung“ beruhigt der Abstimmungssonntag die angespannten Politiknerven – die restlichen drei Vorlagen laden jedoch zur Nachbesprechung ein.
Faire Löhne liegen weiterhin in der Hand der Arbeitgeber_innen
Unerwartet kam das Nein zur Volksinitiative „Für den Schutz fairer Löhne (Mindestlohn-Initiative)“ nicht, trotzdem bleibt eine leichte Enttäuschung darüber, dass Arbeitnehmer_innen in der Schweiz auch in Zukunft davon abhängig sind, dass ihre Arbeitgeber_innen von sich aus Löhne auszahlen, welche ein Leben in Würde ermöglichen. Man kann nur hoffen, dass das von Hans-Ulrich Bigler im TV-Interview angesprochene „Vertrauensvotum“, welches die stimmberechtigen Personen in der Schweiz den Arbeitgeber_innen ausgesprochen habe, von diesen ebenso pflichtbewusst bei der Lohnsetzung berücksichtigt wird wie das Ergebnis freudig gefeiert wurde.
Gewährter Vertrauensvorschuss beim Thema „Jugendliebe“ – Fehler oder Anspruch?
Es gibt viele Dinge, die nach der Annahme der Volksinitiative „Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen“ diskutiert werden müssen, allen voran die Art und Weise der Umsetzung der Initiative: Wie Bundesrätin Simonetta Sommaruga in der offiziellen Medienkonferenz des Bundesrates zu den Abstimmungen und auch in den Erläuterungen des Bundesrates im Vorfeld der Abstimmung erläutert hat, bringt die Annahme der Initiative Bundesrat und Parlament in ein Dilemma. Besonderer Dorn im Auge sind in diesem Zusammenhang Natalie Ricklis Aussagen diesbezüglich: Hatte die Zürcher SVP-Nationalrätin noch Tage vor der Abstimmung auf Twitter beteuert, „Jugendlieben“ seien von der Initiative nicht betroffen (mit dem Verweis auf das Merkblatt des Initiativ-Kommitees zu dem Thema), erwähnte sie diese Problematik mit keinem Wort mehr, als sie nach der schwierigen Umsetzung der Initiative im TV gefragt wurde. Im Gegenteil: Es gäbe keine Probleme bei der Umsetzung der Initiative, diese solle so schnell wie möglich umgesetzt werden. Schade, dass hier so unfair und heuchlerisch politisiert wird.
„@BuenzliEtc @AndreaCaroniAR So en Seich! Jugendlieben […] sind nicht betroffen! daa.li/x2B“ (Twitter)
Des Weiteren ist hier erneut darauf hinzuweisen, dass die Annahme der Initiative höchsten ein kleiner Tropfen auf dem heissen Stein darstellt, denn sie wird es nicht alleine schaffen, Kinder vor sexuellen Übergriffen zu schützen. Die Annahme der Vorlage verpflichtet deren Befürworter_innen dazu, in Zukunft die Augen offen zu halten, eigene und fremde Kinder zu selbstbewussten Menschen heranwachsen zu lassen, welche sich gegen sexuelle Übergriffe bestmöglich zur Wehr setzen können und dieses Verhalten auch von anderen Personen einzufordern. Nur so kann man wirklich etwas gegen die sexuelle Misshandlung von Kindern und abhängigen Personen tun.
Ein Absturz, der nach Analysen schreit – der Gripenfonds
Ein Kommentar zur Ablehnung des „Bundesgesetz[es] über den Fonds zur Beschaffung des Kampfflugzeugs Gripen“ fällt im Moment schwer, denn wie auch Bundesrat Ueli Maurer heute verlauten liess: Es braucht Analysen. Dennoch ist davon auszugehen, dass zukünftige Beschaffungen von allfälligen Flugzeugen teurer zu stehen kommen wird, als diejenige des Gripen. Ebenfalls sicher ist, dass eine tüchtige Luftwaffe sowohl zur Sicherheit der Bevölkerung und der Wahrung der Neutralität beiträgt – man kann also auch erwarten, dass nach Alternativlösungen gesucht werden wird. Mit der Einschätzung, dass das Gripenreferendum genauso viel „Nachspiel“ wie „Vorspiel“ (immerhin wird der Gripen seit mehreren Jahren schon diskutiert) haben wird, liegt man wahrscheinlich richtig.